1623 – 1683
Aus: D. S.: Poetische Rosen-Gepüsche (1657), 3. Teil
(= Drittes Rosen-Gepüsch
<Sonettzyklus von 60 Sonetten>)
1. Er liebet.
Mein liebster Freund ist wund/
mit mir hats nun Gefahr/
Weil meine Marnia so plötzlich
sich erwecket/
Und umb mein Hertz herumb ihr
Bildnis aufgestecket.
Mein liebster Freund ist wund/
ich brenne gantz und gar.
Wo bistdu Freiheit/ nun die
mein so zartes Haar
Mit ihres Goldes Glantz hielt
allezeit verdecket?
Wo bistu Phöbus hin? Wer hat
dich so erschrecket?
Bleib hier/ verlaß mich nicht/
bleib hier mit deiner Schaar.
Apollo/ ja du bleibst auf
meinem Helicon.
So kom und setze dich zu Venus
kleinem Sohn/
Und meiner Marnien/ die meine
Feder reitzen.
Auf! Schönste von der Welt/ dir
geb ich einzig mich/
Apollo bleibt mir hold/ mein
Vers steigt über sich.
Nun mag ich Eulen nicht/ ich
kann mit Falcken beitzen.
2. Aus dem Anacreon.
Gold ist zuwider mir/ Groß
Reichthum mag ich nicht.
Ein Scepter ist zu schwer. Die
Herrschafft zu vermessen.
Der Krieg verderbt zu viel. Die
Liebe taugt indessen/
Die ist der Aufenthalt/ der
meine Unmuth bricht.
Heut leben/ das ist gut. Drümb
leb ich weil die Pflicht
Des Todes mich noch spahrt. Wer
wollte sich auch pressen/
Weil mein Goldgelbes Haar von
Jahren unbesessen/
Und meiner Liebe noch kein
böses Urtheil spricht.
Auf/ Goldschmied! Auf/ Vulcan!
Mach mir den weitsten Becher/
Setz auf den Boden hin den
allergrößten Zecher/
Das zarte Reben-Laub/ und einen
Epheu-Krantz.
Des Himmels und sein Boot/ die
Sterne samt der Henne/
Mars und sein grosser Spieß/
die ich zur Zeit nicht kenne/
Die taugen mir noch nicht. Geh
bald/ und mach ihn gantz.
3. An einen Kirschbaum.
Du wolbedeckter Baum mit deinen
weissen Blüthen/
Verzeihe meiner Lust/ ich setze
mich zu dir/
Mit lauter Freud umringt.
Nichts kömt mir schöner für/
Als dein so grünes Laub/ dass
ich dir will behüten.
Es soll kein Kefer dir den
giftgen Biß anbieten/
Kein Nordwind gleichesfalls dir
kochen deine Zier.
Nur du solst König seyn. Der
Wald ist dein Logir/
Selbst Zephyr wehret schon des
Sonnen-Feuers wüten.
Sey nur getrost/ o Baum/
ersätge mein Begehr/
Und gib mit guter Hand mir
einen Püschel her/
Das ich ihn Marnien/ der
Schönsten/ zu kann senden.
Setzt ihn mein Lieb denn auf/
und raubt den Schmuck ihm hin/
So zürne nicht mit mir.
Dieswegen ist mein Sinn
In deinem Schatten froh/ daß
sie den Pusch kann blenden.
4. An Ihre Klarheit/ als Er
spatzieren gehen wollte.
Spatziren geht die Sonn’ am
hohen Himmelssaal.
Spatziren geht die Lufft/ und
alle kühlen Winde/
Spatziren geht das Wild. Der
Hirsch bei seiner Hinde
Geht durch den freyen Pusch hin
in das hohle Thal.
Der hohe Götter-Rath spatziret
alzumal/
Der zu den Buchen hin/ und der
zur hohen Linde/
Der Coridon geht auch und
schneidet in die Rinde
Sonnet und Oden ein/ nach einer
neuen Zahl.
Es geht ein Jedes fast. Die
Ceres durch die saaten/
Die Flora durch den Wald in
alle Gärten hin/
Die durch den ganzen Tag an
Phöbus Hitze braten.
Spazirt nun Sonne/ Lufft/ der
Hirsch im frechen Sinn/
Die Götter/ Coridon/ und andre
Feld-Göttinnen;
Wer wollte/ Klarheit/ uns
spatziren nicht vergönnen?
5. Über seine Träume.
Sind Träume lauter nichts/ wie
daß sie mich bewegen?
Sind sie denn Freud und Lust/
wie dass ich traurig bin?
Sind sie vol Lieblichkeit/ wie
dass mein todter Sinn
Sich muß/ O Marnie/ zu deinen
Füssen legen.
Ich sahe heint zu Nacht dich
deiner Liebe pflegen.
Du warst es ja gewiß/ o schöne
Halb-Göttin.
Ein nacket Nymphen-Bild lief zu
den Schwanen hin/
Zun Schwanen/ die im Thal stets
ihre Lieder hegen/
Und küsset eines Mund. Ich
fühlte Süssigkeit.
Die Liebe stieß alsbald nach
meinem krancken Hertzen.
Drauf ließ ich meinen Schlaff.
Nichts blieb als tausend Schmertzen/
Die ich noch klagen muß bey
später Abends-Zeit.
Sie sind nun was sie sind/ so
gläub in vollen Sorgen/
Im Traume-Nebel liegt die
Warheit doch verborgen.
6. An den Linden-Brunnen.
Sey nun auch/ Linden-Quell/ den
Cedern angebunden/
Weil du den Sterbenden ein
kräftig Labsal bist.
Kein Buhler weit und breit/ der
voller Flammen ist/
Hat eine solche Kraft/ wie ich
an dir/ empfunden.
Du frisches Schlaf-Gemach/ den
Nymphen neu erfunden!
Du Wohnhauß der Natur/ dass
alle Sorgen frist.
Du kühler Sossierwein/ den
Ganymedes mist.
Laß deinen Adersprung stets
kühlen meine Wunden.
Dein Silber springe wohl bey
deiner Linden Tach!
Laß dein Christallen Gut umb
meinet willen rinnen.
Kömmt aber Marnia mit weit
entfernten Sinnen/
Zuklagen meine Noth und ihren
Thränen-Bach
So sprich: O Marnia! Ich wil dich gar nicht
kennen/
Sonst müst ich mich/ vor Brunst/
zu lauter Asche brennen.
7. An Marnien/ über die
überreichten Tausent-Schönen.
Nim/ Tausent-Schöne/ hin die
rothen Tausent-Schönen/
Ich brach sie mit der Hand/ die
sie dir reichet/ ab.
Der linde Elster Strom benetzt
ihr altes Grab/
Aus dem sie sich hervor aufs
neue kunten lehnen.
Der Flora bunter Mann/ der
Zephyr/ ging/ ohn Sehnen/
Als sie der zarte Stock in
meine Finger gab/
Zu seinen Blumen hin/ und
sprach: brich was ich hab.
..... (fehlender Vers).
Da Lieb/ da sind sie nun. Dein
Haupt/ dein braunes Haar
Ermunter ihren Glantz/ sich
steiffer auszubutzen.
Recht so/ ich seh sie schon mit
mehrern Purpur stutzen/
Die Schönheit wird ietzt recht
an ihnen offenbar.
Nun/ Lieb/ trag sie vor mich/
und lerne diß von ihnen/
Dass unsre Liebe stets auch
also möge grünen.
8. Als sie den Krantz von
Tausentschönen truge.
Der Krantz von Floramor ziert
deine Stirne wohl/
O allerliebstes Kind/ und macht
mich voller Freuden.
Nichts kann mich fürderhin umb
deinetwillen neiden/
Mein Zeichen steht an dir/ als
wie es stehen soll.
Die Liebe die ist reif / und
fordert ihren Zoll.
Wol/ Lieb/ hier hastu ihn. Kein
von-dir-seyn/ kein scheiden
Wird deine Lieblichkeit aus
meinem Sinne schneiden/
Die Treu/ die treulich ist/ ist
immer Rosen vol.
Viel schöner bist du mir/
Verliebte/ vorgekommen.
So glänzt das Morgen-Weib/ so
glänzt der Tages-Mann/
Wenn umb den Purpur Schlaff der
Westwind spielen kann.
So glänzt der Himmel selbst/
wenn er ist aufgeklommen.
Drümb zieh ich deine Pracht
auch allen Dingen vor.
Du bist mein Tausent-Schön/ und
ich dein Floramor.
9. An seine Augen.
Dank habt/ ihr Augen ihr/ ihr
Fenster meiner Sinnen/
Dank habt vor eure Glut/ die
meinen Schatz entbrant.
Durch euch berühr ich ietzt die
zarte Wollen-Hand.
Habt Dank/ dass ich durch euch
sie habe küssen können.
Durch euch/ ja nur durch euch/
muß sie mich lieb gewinnen/
Die Auserwählte die. Ihr
machtet euch bekant/
Giengt umb die Blicke her/ die
sie mir zugesant/
Und bliest ein Feuer auf umb
ihres Hertzens Zinnen.
Die Flammen flohen hoch/ und
zündten mich auch an.
Dass ich nicht ohne Sie/ sie
ohn mich nicht seyn kan/
Ietzt brennen wir zugleich/
doch stum und ohne Rede.
Ihr Augen sagt es ihr/ sagt ihr
es an vor mich/
Daß sie auf Antwort auch
hinfort sol schicken sich/
Mein Mund ist gegen Sie
ietzunder noch zu blöde.
10. Seine beständige Treue.
Wie? Lästu/ Schöne/ dich denn
ewig von mir bitten?
Und fragstu heimlich nach/ ob
ich auch standhafft sey?
Komm her/ hier ist mein Hertz/
von fremder Liebe frey/
Mein Hertze das ist hier/
eröfnet in der mitten.
Ich bin von Flandern nicht/ der
mit behenden Schritten
Wohl hundert hie und da sucht
sonder allen scheu.
Nein/ viel begehr ich nicht.
Ich bin und bleibe treu.
Die erst und letzte Brunst sind
meiner Tugend Sitten.
Sorgst aber du ja noch/ und
willst vol Sorge seyn/
So sorge/ wie du mich an Treu
wolst überreichen/
Bis dass an Treue wir einander
können gleichen/
Und schlaffen unbetrübt an
Brust und Armen ein.
Das ist das beste Thun/ die
Lust der ganzen Erden
Beständig/ wie man liebt/ auch
so geliebet werden.
11. Bey Überreichung eines
Ringes.
Nim hin/ o treues Hertz/ den
Ring von meinen Händen/
Den ich auf dein Begehr/
verlobe mit der Hand/
Dir mit ietzt noch zur Zeit am
besten ist bekannt/
In dem du niemals dich hast von
mir wollen wenden.
Ein ander Pracher mag geringe
Gaben schänden/
Und geben noch darzu/ was jenes
reiche Land
Ihm überflüssig reicht. Der
Gold und Silber Sand
Will noch so häuffig nicht auf
meinem Schiff anlenden.
Ich gebe was du willst. Und
wilstu noch mehr haben?
So nim ihn/ Marnia/ und setze
mich darein/
So werd ich gläntzen dann/ wie
sonst ein schöner Stein.
Doch nein/ du solst da stehn
mit deiner Jugend Gaben/
Dann will mit Demant ich tief
in dein Hertze schreiben:
Weil dieser Ring ist hier/ so
kann ich stets bekleiben.
12. Auf ihre Gesundheit.
Wie kömmt es doch/ dass ihr/
ihr auserwehlten Brüder/
Mit euerm andern Du so voller
Freude seyt?
Ja/ unsre Marnia/ das Liecht
der schönen Zeit/
Bekränzet Haar und Hand zu ihrem
Feste wieder.
Sol ich alleine seyn/ der emsig
auf und nieder
Die leichte Feder schwingt?
Nein. Ich bin schon bereit/
Zustürzen Schaum und Glaß. Ich
komme ja so weit.
Was ich für mich nicht kann/
das sprechen meine Lieder.
Ihr lieben Humpen ihr/ ihr
hellen Gläser quellt/
Begiesset mildiglich das dürre
Zungen-Feld
Und löset auf ihr Band. Wer
wollte wol nicht trincken/
Weil sich das liebe Kind so
willig letzen muß?
Sa! Auf Gesundheit hin/ und
einen terben Kuß!
Wenn ich nach Hause sol/ will
mir die Sonne wincken.
13. Bey Übersendung eines
Krantzes.
Nimm hin/ O Marnia/ von mir den
bundten Krantz/
Ich hab ihn selber dir mit
eigner Hand gebunden/
Viel Blumen mancher Art/ die
ich nur habe funden/
Besternen seine Zier/ und geben
ihm den Glantz.
Die Silber-Lilien bestehn den
runden Tantz.
Der schöne Rosen-Kelch/ das
Kind der Venus-Wunden/
Die riechend Anemon/ der Schatz
der Thalemunden/
Narciß und Veilgen auch
verfertigten ihn gantz.
Hiermit umbschleuß dein Haar/
und deine stoltze Stirne/
Und laß die Hofart nach/ die
stets in deinem Hirne
Als Flut aus Quellen kömt/ und
dencke stets daran:
Wie diese Blumen ietzt im
frischen Safte blühen/
Und/ eh der Abend kömmt/ den
Kürtzern müssen ziehen:
So ist es auch mit mir/ du
stoltzes Kind/ gethan.
14. Über Marniens verborgene
Liebe.
Sie/ Marnia/ sagt stets: Mein
Freund/ ich liebe nicht.
Sie leugnet ihre Brunst in
ihrem harten Hertzen/
Und kann doch nimmermehr die
grosse Gluth verschmertzen/
Die itzt auch täglich quält ihr
braunes Angesicht.
Bald steht/ bald geht sie fort.
Der Athem thut Verzicht/
Und kömmet wieder an. Die
Wangen-vollen Kertzen
Bewegen sich zuviel. Der Mund
ist ohne Schertzen
Und weiß zu keiner Zeit die
Worte/ die er spricht.
Der Kopf hangt unter hin. Die
runden Brüste schwellen.
Der ganze Leib ist laß/ beweget
von den Wellen
Der süssen Lieblichkeit. Noch
will sie Urtheil fällen.
Ihr Phaphos-Geister ihr/ macht
ihre Wangen trübe/
Steckt alle Fackeln an/ ihr
kleinen Hertzens-Diebe/
Biß daß sie kläglich schreyt:
Hört auf/ Ich lieb! ich liebe.
15. Von Seinem ersten Gruß an
Sie nachdem er Sie erzürnet.
O Marnie/ die Venus Tochter
heist/
Und Pallas Kind/ nimm aus dem
andern Munde
Den feigen Gruß/ und setz ihn
eine Stunde/
Nach dem er wird seyn bey dir
eingereist/
Auf deine Brust. Mein Hertze
steht beeist/
Der Sinn verschneyt. Du machst
mir eine Wunde.
Heilstu sie nicht/ O Artzt/ aus
ihrem Grunde/
So hat mein Tod mein Leben fast
verweist.
Fahr hin/ O Gruß/ erwirb was
dir befohlen!
Lach ihren Mund/ lach Hand und
Augen an/
Und diene wol/ als wie ich
dienen kann.
Und laß die Gunst mein Hertze
dir nach holen.
Ist es denn nichts/ und dancket
niemand dir/
So komm zurück/ ich warte
deiner hier.
16. An sein Hertze/ über
denselben Gruß.
Sey Felsen-Art/ O Hertze! Stehe
fest!
Weich keiner Furcht/ hoff mehr
als je zu hoffen.
Und hat dein Gruß das Kind
nicht angetroffen/
Das liebe Kind/ das mich nicht
sterben läst/
So dencke du noch immerdar das
best/
Ist er nur nicht in Ungunst gar
ersoffen/
So wird er ihr durch alle
Felder ruffen/
Selbst Bot und Brief/ selbst
Schifman/ See und West.
Er kömmet ein/ und saget der so
netten
Von Brunst und Glut/ von Banden
und von Ketten/
Er kömmet ein und klaget deine
Noth.
Ists ja/ dass er die Schöne
nicht kann finden/
Und etwa bleibt bey ihrer Thür
dahinden;
Sey Felsen-Art! Nicht dein/ sein ist der Spott.
17. Eben von Selbigem.
Nun schlinge dich/ O Krantz der
Myrten/ umb mein Haar!
Nun schlinge dich/ mein Gruß
ist angenommen.
Er ist für sie/ das liebe Kind/
gekommen.
Das liebe/ liebe Kind/ das mir
so günstig war.
Ihr Gruß/ ihr Kuß/ die Hand/
der Blicke gantze Schaar/
Des Hertzens Brunst/ die wieder
angeglommen/
Kömmt häuffig ietzt in meinen
Port geschwommen/
Und stellet unverfälscht sich
meinem Willen dar.
Wilkommen Tag! Wilkommen Edle
Stunden/
An welchen ich den Schatz/ den
ich zu erst verlohr/
Mit meiner frohen Hand nun
wieder heb empor.
Wilkommen Tag/ Ihn hastu mir
gefunden.
So schwinge dich/ O Krantz der
Myrten/ umb mein Haar/
Die Beute die ist hier/ die
erst verlohren war.
18. Seine Schwartze.
Ihr schwartzen Augen ihr/ und
du auch/ schwartzes Haar/
Nehmt hin von meiner Hand/ nehmt hin/ was ich euch sende/
Durch was ich meine Schuld ein wenig nur verpfände/
Das dürstet ietzund noch nach eurer Blicke Schaar.
Schwartz lieb ich auf der Welt. Schwartz wil ich immerdar.
Schwartz ist mein Ruhestab der fast zu müden Hände/
Schwartz ist der beste Glantz. Schwartz macht/ daß ich mich wende
Zum schwartzen Angesicht/ zum schwartzen Augen-Klar.
Laß roth/ laß weiß/ laß blau in
seiner Schöne gehen/
Und auf des Käysers Haupt ein Gold im Golde seyn/
Laß Demant-Farbe blühn/ laß ieden Edelstein
Sein farbicht Angesicht bey
allem Glantz aufblehen.
Mein Schwartz vergnüget mich/ drümb sprech ich immerdar:
Ihr schwartzen Augen ihr/ und du auch/ schwartzes Haar!
19. An Seinen Freund/ als er
der Serenen Brod küssete.
Ich liebe nicht wie du. Ich eß
auch nicht dergleichen.
Legt aber sich ein Mund auf
meinen Lippen an/
So hab ich eine Kost/ die mich
erhalten kann.
Von solcher schlechten Tracht
müst ich ja mehr verbleichen.
Wie thöricht thustu doch/ daß
du der Liebe Zeichen
Auf Eitelkeiten stellst. Hätt
ich also gethan/
So würde sich mein Geist
erkiesen eine Bahn/
Die biß zum Acheron und Plutus
würde reichen.
Solt ich ein steter Gast bey
deiner Speise sitzen/
So wär ich längst schon kalt.
Kein Leben lebt in mir/
Wenn dein so schlechtes Brodt
mein Hertze sollte stützen.
Mein Freund das thu ich nicht.
Hier wend ich mich von dir.
Willst aber/ wie du willst/ ein
Essen du geniessen/
So kanstu tausentmal Serenen
täglich küssen.
20. An die Sterne/ als Er nicht
bey Marnien war.
Ihr Kinder süsser Nacht/ ihr
feuer-vollen Brüder/
Du kleines Heer der Luft/ du
Himmels-Bürgerey/
Die du durchs blaue Feld nach
reiner Melodey
Erhebest deinen Tantz/ und
deine schönen Glieder/
Wenn ietzt der faule Schlaff
die müden Augenlieder
Durch einen faulen Sieg den
Sinnen leget bey/
Damit kein wachen mehr an uns
zu spüren sey/
Ihr Kinder süsser Nacht legt
eure Fackeln nieder/
Was steht Ihr/ wie zuvor/ und
lacht den Welt-Kreiß an?
Laufft durch das göldne Hauß/
verlast die Fenster-Scheiben/
Geht rückwärts/ wie ihr solt/
ich will euch rückwärts treiben /
Geht rückwärts wieder hin die
alte finstre Bahn.
Geht Kinder/ wie ihr solt/ flieht
Liechter/ flieht von mir/
Mein Liecht /mein Augen-Stern/
mein Liecht ist nicht alhier.
21. Als Er ohne Sie seinen
Geburtstag begieng.
So winde du den Krantz/ du
Schönste der Elbinnen/
Weil mich das liebe Kind
ietzund nicht binden kan.
So winde du den Krantz/ und
schling ihn willig an
An diß mein liechtes Haar/ an
dieses Hauptes Zinnen.
Kom Elster/ kom geharnscht/ du
Lust-Spiel hoher Sinnen/
Kom/ kom vor Marnien/ und mach
den Nymphen Bahn.
Treib deinen West-Wind auf/
steig alle Berg hinan/
Damit umb deinen Strand die
Blumen wachsen können.
Brich Lorber umb mein Haar/ und
Myrten in die Hand/
Damit auch du durch sie seyst
aller Welt bekannt.
Geuß Wein auf meinen Schlaff/
und Meth auf meine Stirne.
Sprich drauf zu Marnien:
Verzeihe dieses mir.
Ich thue das vor dich/ und ehre
deine Zier/
Ich bleibe seine Magd/ du aber
seine Dirne.
22. Feuer und Wasser an Sie.
Kaum hatt ich dich ersehn/ O
Liebste/ meine Lust/
Erweckt in mir dein Glantz ein
sehnliches Verlangen.
Der Augen helles Liecht/ der
Hals/ die rothen Wangen/
Der Stirne Helfenbein/ das
Silber deiner Brust
Die brennen meinen Mund/ und
tödten aufgefust
Des Hertzens Tapferkeit/ dass
ich/ nun fast gefangen/
Die übergrosse Gluth der Liebe
hab empfangen/
Dass ich nun forthin bin
nichts/ als nur Asch und Wust.
Es wehr umb mich geschehn/ wenn
ich nicht deine Flammen
Mit meinen Thränen hier noch
wüste zu verdammen/
So wein ich fort und fort. Und
ließ mich deine Gluth
Der Augen Licht/ der Hals/ die
Wangen/ Brust und Stirne/
In solchen Thränen seyn/
erträncke mein Gehirne.
Drumb ist dein Feuer mir und
auch dein Wasser gut.
23. Er liebet hefftig.
Mein gantzer Muth verdirbt. Ich
wancke hin und her/
Ich leyde grosse Pein in meinem
matten Hertzen/
Bald bin ich hier/ bald da/ bald
hab ich tausend Schmertzen.
Ich seh mein Angesicht/ und
weiß nicht wie und wer/
Und wo ist stündlich bin. Und
wenn ich Trost begehr/
So ist es meinem Lieb auch nur
ein blasses Schertzen.
Der Unfall, der ist groß/ noch
stellt sie Brand und Kertzen
Auf meine welcke Brust/ und
fraget: Wer ist der?
Die Liebes Göttin gibt ihr
Wesen an den Tag/
Und ihre Grausamkeit/ die ich
nicht dulden mag.
Jedoch so bin ich stets bereit
ihr nach zugehen/
Und/ mir zum Schaden auch/ auf
ihren Glantz zu sehen.
Wer eine Stunde mir wird wenden
diese Pein/
Der sol mir Phöbus selbst/ ja
mehr als Phöbus seyn.
24. Gleich und ungleich.
Mein Lieb das redet wol: Der
Amor auch ingleichen.
Sie schlägt die Augen auf: Er
thut es auch wie sie.
Sie schläft: Er schläfft mit
ihr. Sie steht alleine hie:
Er auch. Sie lacht: und Er. Sie
giebet Freuden-Zeichen.
Er freuet sich auch mit. Sie
hüpfft: Er will nicht weichen/
Und hüpffet auch. Sie singt:
und Er. Sie weint: die Müh
Nimmt er auch an. Sie spielt
ein Lied: das läst Er nie.
Sie geht: Er gehet auch mit ihr
herumb zu schleichen.
Was nur mein Lieb vor Lust und
Kurtzweil nimmet für/
Das thut ihr Amor nach/ und
findet sich bey Ihr
In einem eintzgen nur/ in einem
eintzgen Stücke/
Da treffen allebeyd auch gar
nicht über ein.
Er ist gelind und gut/ wie er
sonst pflegt zu seyn
Bey denen/ die er liebt: Sie
aber voller Tücke.
25. Seine Schöne iedoch
Stoltze.
Es sah der Götter Schaar dein
schönes Angesicht/
Den Helffenbeinern Hals/ den
Mund und deine Wangen/
Sie sahen deinen Glantz vor
andern Nymphen prangen/
Warumb liebt Jupiter/ sprach
einer/ diese nicht?
Ists darumb/ daß ihm Brunst und
heisse Gluth gebricht?
Hat denn sein brennend Hertz
ein kalt-seyn aufgefangen/
Wie? Oder ist ihm denn das
Lieben gar vergangen?
Verschmähet denn sein Mund ein
solches Angericht?
Europe gibt ihr nach: Die Danae
die weicht:
Die Leda taugt nicht mehr/ daß
sie ihr Wasser reicht.
Sie ist ja Königin im
Frauen-Zimmer-Orden?
Drauff hub der Amor an/ und Sprach: Du redest
recht.
Vor Zeiten lebte nur ein gütiges
Geschlecht/
Ietzt aber ist es hoch/ frech/
stoltz und prächtig worden.
26. Über ihre Augen.
Wenn deiner Augen Glantz hin
nach dem Himmel sieht/
So freuet sich der Pol mit
seinen liechten Sternen.
Wenn du die Erde schaust/ so
muß sie brennen lernen/
Dass umb ihr bundtes Haupt ein
iedes Kräutlein blüht.
Thustdu die Augen auf/ so sihet
mein Gemüth
Der Venus Stirnblat an. Gehstu
dich zu entfernen/
Zeuchst deine Kleider ab/ dich
nacket zu entkernen/
Und thust die Augen zu/ so seh
ich den Cupid.
Sobald du aber gar zuschlaffe
dich gewandt/
Die liechte Gluth verschickt in
ein verfinstert Land/
Und niemand mehr den Glantz der
Flammen siehet wackeln:
So balde trauret auch der
Himmel ohne Liecht:
Die Erde sonder Brunst: Die
Venus ohn Gesicht/
Und (das erbärmlich ist) Cupido
sondern Fackeln.
27. Sie sol der Jugend brauchen.
Mein Lieb/ ich sende dir hier
Liljen und Violen.
Violen brach ich heut/ die
Liljen gestern ab.
Damit du sehen kannst/ wie
balde dich das Grab/
In deiner besten Blüth auch etwan
möchte holen.
So schaue sie wol an. Was ihnen
ich befohlen/
Und was ich ihnen mit auf ihre
Reise gab/
Das ist die Flüchtigkeit/ die
reist auch dich hinab
Zu dem/ was ihnen ietzt die
Schönheit abgestohlen.
Die Liljen seyn verwelckt in
solcher kurtzen Zeit/
Nur die Violen stehn noch jung
und frisch zu schauen.
Drümb nim der Jugend war/ und
laß dir gar nicht grauen/
Denn morgen gehn auch wir den
Weg der Eitelkeit/
Wer in dem Lentzen nicht die
Rosen ab will brechen/
Der muß/ mein Lieb/ hernach
sich in die Dornen stechen.
28. Ihre gedupelte Schöne.
Daß dir dein langes Haar biß
auf die Füsse geht:
Daß dich der Mund/ der Hals/
die weissen Zähne/ zieren:
Daß dich der Stirnen-Schnee
weiß hoch empor zuführen:
Daß dir dein Backen-Roth so treflich
schöne steht:
Daß deiner Augen Stern so
lieblich sich verdreht:
Daß sich der Hände Glantz weiß
zu vermarmoriren:
Dass dich dein glatter Leib
weiß zu veralbastriren
Daß dich dein edler Stamm/ dein
Geld und Gut aufbleht:
Ist noch nicht gnug vor dich.
Witz/ Fromheit/ kluge Sinnen/
Zucht/ Tugend/ Redlichkeit/
Scham/ Demut/ Muth/ Verstand/
Fleiß/ Weißheit/ Ehr und Ruhm
durch dieses weite Land/
Die sind der Schönheit Preiß/
die muß ich lieb gewinnen.
Was dein Leib an sich hat/
versteubt/ verfleucht/ vergeht:
Was dein Gemüthe weiß/ Lieb/
das nur das besteht.
29. An die Tafel/ auf der Ihr
fast ähnliches Bildnis stunde
Du Tafel du/ auf der mein Bild
gemahlet steht/
Wie gerne schau ich dich/ und
deine Trefflichkeiten/
Der Mund/ der Hals/ das Kinn/
die/ Venus/ dich begleiten/
Die haben manche Gluth hier in
mir angeweht.
Nim diese Rosen an/ nim diesen
Zinnamet/
Nim diesen feuchten Krantz und
diese frohen Zeiten.
Hinfürder hab ich nichts/ als
Kummer/ Angst und Streiten/
Weil mit mir Noth und Leid zu
Tisch und Bette geht.
Ach/ warumb küß ich nicht der
Lippen Glut und Brand?
Ist diß der zarte Mund? Ist diß
die Wollen Hand?
Ich will. Wie aber? Wie? Wie?
Was sind das vor Flammen?
Ach ja/ nun seh ich sie. Diß
Feuer kömt von mir.
Als ich beküssen wolt mein
schönes Lieb auf dir/
Kam ihr und meine Gluth in
voller Brunst zusammen.
30. Er ist der Liebe Spiel.
Wie wann der kühle Schnee nach
Thal und Auen rinnt/
Und das zu feige Wachs im
Sommer muß vergehen/
Wenn sich der Sonnen Bild in
wilder Gluth lässt sehen:
So bin ich auch vor dir/ weil
du mich angezündt.
Kein Glied ist ohne Brunst. Wie
sich der Dornen Kind
Mit seinem Haupte neigt/ und
nicht vermag zu stehen/
Wenn deine warme Brust mit
ihrem Ambra-Wehen
Es unter sich gedruckt: So fall
ich auch geschwind
Für deinen Füssen hin. Ich
werde mat und müde/
Die Farbe wird verkehrt/ der
Muth ist ausser mir.
Kein Tag/ nur lauter Nacht/
kömt meinen Augen für.
Im schlaffen hab ich Streit/ im
wachen keinen Friede/
Biß dass der frische Quell mir
meine Glieder kühlt/
Damit aufs neu hernach dein
Feuer mit mir spielt.
31. Über einen Kuß.
In dem ich/ Marnia/ dir
unverhofft den Kuß
Aus deinem Munde nahm/ entwich
mir meine Seele/
Und bliebe gantz und gar in der
Corallen-Höle/
So/ dass in etwas ich die
Geister missen muß.
Ich starb vor Liebe hin. Es
schlich sich Fuß für Fuß
Das Leben von mir aus/ umb das
ich mich fast quäle/
Und ieden Augenblick in süsser
Rückkunfft zehle/
Der Tod/ der blieb in mir: und
dein gemachter Schluß.
Mein Hertze musst hernach/ die
Seele zu erfragen.
Indem es aber auch/ mein Lieb
dich hat erblickt/
Da blieb es auch in dir
gefangen und bestrickt/
So/ daß ich fürter nicht von
ihrer Flucht darf sagen.
Und hätt ich durch den Kuß
nicht deine Seel erworben/
So wer ich gantz und gar an
deiner Brust gestorben.
32. Als er Sie erzürnet.
Je mehr sich/ Marnia/ mein
Hertze dir ergiebet/
Je mehr der Flammen Rauch mein
Feuer zeiget an/
Je mehr ich in der Brunst an
dich gedencken kann/
Je mehr mein Hertze sich in deinen
Blick verliebet/
Je mehr hastu mein Hertz mit
deinem Haß betrübet.
Ist meine Hoffnung denn nun gar
umbsonst gethan?
Nicht meine Gegenwart/ nicht
meiner Liebe Bahn/
Nicht meine Bitte hat so große
Schuld verübet.
Jedoch du sihest nicht/ dass es
dein Schade sey/
Wenn sich dein Groll und Haß
noch weiter hin erstrecket/
Und mich mit frischem Sand in
kutzer Zeit bedecket.
Du bringest mir den Tod in
solcher Liebe bey.
Doch nein. Mir sterb ich nicht.
Weil du mich dir erworben/
So bin ich Marnia/ dir/ und nicht
mir/ gestorben.
33. Die Unbeständige.
Lieb/ bistu weiß als Schnee/
wie seyn denn deine Wangen
Mit Purpur überdeckt? Bistu dem
Purpur gleich/
Wie seyn die Lippen denn in
ihrer Röthe bleich?
Bistu dann bleich/ wie seyn
denn deine liechten Spangen
Und Haare lauter Gold? Bistu
denn voller Prangen/
Wie Gold zu prangen pflegt/ wie
ist der Augen Reich
Mit schwartzen Mauerwerk/ als
wie ein Silberteich
In seinem Tamme steht/ gezieret
und umbfangen.
Was sagstu nun von dir? Im fall
du Liljen weiß/
Bleich/ gölden/ Purpur-roth und
schwart? Was vor ein Preiß
Wird Dir ertheilet seyn von
denen die dich kennen?
So fern ich richten sol
(verzeih es aber mir)
So muß ich ohne Scheu vor aller
Welt alhier
Dich voller Unverstand und bunt
an Farbe nennen.
34. Cupido von Marnien.
Hier laß ich Pfeil und Glut/
die Rosen mit den Myrten/
Durch die ich vor der Zeit in
Himmel konnte gehn.
Hier laß ich Krantz und Riet/
und alle Waffen stehn/
Ich flieh/ ich fliehe fort/ und
laß es euch ihr Hirten.
Kein Spiel/ kein fröhlich seyn/
kein süsses Hals-umgürten/
Und keine Nymphe soll mit
Schallen und Gethön
Mich fürderhin durch Thal/
durch Pusch und Auen sehn/
Kein Westwind soll mich mehr
mit süssem Thau bewirten/
Weil Marnia mit Glantz/ Gluth/
Feuer/ Liecht und Gifft /
Pfeil/ Köcher/ Krantz und Spiel
und alles übertrifft.
Ade! ich gehe fort zu den
entfernten Wüsten.
Doch nehmt hier Warnung an/ und
höret noch ein Wort:
Ihr Sterblichen/ wenn ich
itzund von euch bin fort/
Laßt euch nach Marnien (sie
tödtet) nicht gelüsten.
35. An sein Hertze.
Brenn/ Hertze/ wie die brennst/
du Zunder ihrer Gluth/
Gib Hitze/ wie bißher/ mit
aufgeschoßnen Flammen/
Ruf alles Feuerwerck auf deiner
Post zusammen/
Dass sie auch brennen kann sich
und ihr keusches Blut.
Brenn immer Tag und Nacht/ ob
schon der freche Muth
Nicht also bald erkent den
Quell der Liebes-Ammen/
Sie macht es so mit dir/ wie
der/ der auf den Dammen
Mir endlich noch ein Spiel stat
hoher Freundschafft thut.
Durch Hitze wird zuletzt das
klare Silber rein.
Ein Feuer-Ofen zwingt den
harten Eisenstein/
Der König des Metalls läst sich
auch feige finden.
Brenn Hertze wie du brennst.
Ihr auserlesnes Gold
Wird noch von deiner Gluth
bergunter hingerollt.
Brenn/ Hertze/ wie du brennst.
Sie wird sich wol entzünden.
36. An die unerträgliche Liebe.
Ist denn der Himmels-Saal dein
rechtes Vaterland?
Hat denn die Venus dich so/ wie
man sagt/ geboren?
Ist denn der Nectar dir zu
deinem Tranck erkoren?
Ist dir denn Ambrosin zur
Speise zuerkant?
Warumb denn wanderstu alhier durch
See und Land?
Warumb hastu denn/ mich
zuquälen/ dich verschworen?
Warumb denn brennestu den/ der
bereits verlohren
Der Freiheit theures Gold/ mit
deiner stoltzen Hand?
Warumb denn trinckstu nichts
als meine nassen Thränen?
Mustu dich denn in mir an Marck
und Bein gewehnen?
O wilde Grausamkeit! O Felsenharte Noth!
Vom Rimmel bistu nicht auf
Erden hergegangen/
Styx und sein Acheron die haben
dich empfangen.
Was quälst du mich noch viel?
Ietzunder bin ich tod.
37. Sie ist Steinern.
Stein bistu/ liebstes Lieb/ und
wirst auch Stein genant/
Kein ander Nahm ist noth/ damit
dich zu belegen.
Nicht zwar/ nur Lieb/ um das/
daß deine Pracht zugegen/
Des Marmors weissen Schnee an
Schönheit überwand:
Nicht/ das dein Angesicht/ das
Kinn/ der Hals/ die Hand/
Des Alabasters Zier zum Kampf
an dir erregen:
Nicht/ daß die Muscheln auch
vor dir erschrecken mögen/
Wenn sie der Nymphen Chor list
umb den Meeresstrand?
Nein/ darümb gäntzlich nicht.
Daß dein so harter Schluß
Gar nicht zu zwingen ist/ als wie
der Caucasus/
Diß/ Lieb/ nur einzig nur/ diß
sind die steinern Sachen:
Das Hertz ist Stein. Der Sinn
ist Stein. Das Wort ist Stein.
Was thu ich/ Lieb/ darbey? Ich
will das Feuer seyn/
Das deinen Aetna kan zu Staub
und Aschen machen.
38. Sie regieret über Ihn.
Vorzeiten war der Brauch/ kein
einzigs Jungfer-Bild
Wurd in das Regiment und
Sorgen-Ambt genommen/
Ihr Rathschluß durffte nicht zu
hohen Sachen kommen/
Ihr Thun war Woll und Flachs/
und was bey ihnen gilt.
Ein alzuloser Wahn (nicht recht
daß man sie schilt)
War allenthalben hier und da
hervor geglommen:
Dass unter ihrer Zunfft die
beste von den Frommen
Mit Boßheit/ Trug und List ohn
Ende sey erfüllt.
Jetzunder aber/ Lieb/ ietzt
wendet sich das Blat.
Wer ist/ der so viel Lob/
Preiß/ Ruhm und Ehre hat?
Ein ieder unter uns läst alles
umb sie fahren.
Erzürn dich nicht darob. Jetzt
ist ein andre Welt/
Du/ Lieb/ du wirst von mir zum
Regiment bestellt/
Drumb giltstu bey mir mehr/ als
alle sonst vor Jahren.
39. An die Nachtigalle.
Du/ die du Tag und Nacht in
deinen Liedern lebest/
Kom/ Nachtigalle/ kom/ ich
reitze deinen Mund/
Den Preiß der Marnien hinfort
zu machen kund/
Ob du vor Thereus gleich in
Furcht und Zittern bebest.
Kom/ Philomela/ kom! Hier wo du
ietzund schwebest/
Ist lauter Sicherheit. Mein
Lieb ist mir vergunt.
Du weist/ Luscinia/ mein Thun/
ich bin gesund.
Löß auf den Freudenklang/ durch
den du dich erhebest.
Kom/ Fräulein/ Mund der Nacht/
Lust Freundin/ Jage-Leid/
Laut-Sängrin/ Felder-Trost/ kom
Wald-Thon/ es ist Zeit/
Die Püsche schlaffen ein/ Ich
schlaffe bei der Meinen.
Klein-Schnabel/ Groß-Geschrey/
Luft-Fürstin/ Himmels-Kind/
Herzu! Es fängt schon an der
süsse Westenwind.
Und kömstu nicht herzu/ so lob
sie bey den deinen.
40. Als Sie im Grünen schlieff
Hier liegt mein Paradeiß mit
Rosen überdeckt /
Die Brüste regen sich/ mich
mehr und mehr zu quälen/
Der Ambra steigt hervor aus
ihrer süssen Kehlen/
Hier liegt mein Paradeiß im
Grünen ausgestreckt.
Kom geuß auf ihren Mund dein
Perlenes Confect/
Du linder Zephyr du/ bring ihr
die sanfften Seelen
Aus deinen Brunnen her/ mit ihr
mich zu vermählen.
Schaff aber/ daß sie nicht
dadurch werd aufgeweckt.
St. Dryas! St. Napee! Bleibt dort in dem
Gepüsche/
Dieweil ich manchen Kuß auf
ihrem mund erwische/
Sol euer schöner Chor nicht mit
ihr spielen gehn?
Indessen schlafe du hier unter
diesen Bäumen/
Sehnst du denn aber dich nach
sanften Liebes-Träumen/
So wache plötzlich auf/ hier
kannst du einen sehn.
41. An die unpässliche Marnia.
Du kömst mir/ Marnia/ recht etwas
schläfrig für/
Als wie du etwa pflegst/ wenn
du bist aufgestanden.
Das Haar fleucht umb dich her/
befreyt von allen Banden.
Die Wangen haben nicht/ wie
sonsten/ ihre Zier.
Die Lippen sehen blaß/ der Mund
ist dürre dir.
Den Augen ist der Glantz nicht/
wie zuvor/ verhanden.
Das Hertze wegert sich in
deiner Brust zustranden/
Der gantze Leib ist matt/ und
faul und schläfrig hier.
Was soll ich/ Marnia/ aus
diesem Stande schliessen?
Vielleicht hast du die Nacht
zusehr vergnügen müssen?
Wol selig ist denn der/ der dir
gestanden bey.
Kömt aber ohn gefehr das/ daß
du etwas trübe
Und etwas schläfrig siehst/ von
deiner heissen Liebe/
So wolt ich/ Lieb/ dass ich
desselben Ursach sey.
42. Nur Marniens Kuß.
Die Galathee schmatzt/ und
reichet lange Küsse.
Sie/ meine Marnia/ gibt was
gelinder sie.
Die Doris zwickt darzu und
naget ie und ie
Des Mundes Widerpart umb die
gewünschten Flüsse.
Wolan/ erwehle dir den besten/
der recht süsse/
Und recht verzuckert ist! Kein
hören das gilt hie/
Der Schmack nur der vergnügt.
Was eine kleine Müh
Und lange Kurtzweil hat/ das/
das hat Händ und Füsse.
Man irrt zwar oftermals. Jedoch
gesteh ich frey/
Dass meine Marnia die best im
küssen sey.
Sie giebet klaren Thau und
Honig von der Zungen.
Hier hang ich unbewegt an ihr.
Sie hat den Preiß.
Ist aber einer hier/ der dieses
besser weiß/
So thu er/ was er will/ hier
bleib ich unverdrungen.
43. Als Er an eine Stadt zurück
dachte.
Du/ Churfürstinne/ du der
Weltbekanten Sachsen/
Fest/ heilig/ lang und klein/
denck ich an deinen Fluß/
Und an den klaren Quell/ den
ich ietzt meiden muß/
So wird ich als ein Spiel bey
den gescheuchten Dachsen.
Die du in deiner Schoß so schön
liest aufwerts wachsen/
Die liebe Marnia/ die lencket
meinen Fuß.
Sie ich/ Sie meine Zeit/ Sie
mein stets süsser Kuß/
Sie ist berühmt in dir biß an
des Himmels Achsen.
Ich geb dir zwar den Preiß/ du
Gräntzhaus deiner Last/
Weil du die Wissenschaft in
deinen Mauern hast/
Und nun ein Trutz-Wort bis der
Raut-bekräntzen Printzen.
Mehr aber lob ich dich/ weil
meiner Sinnen Kunst
Zu einen Nachbar hat so eine
zarte Brunst/
Die sich auch sehen läst in
aller Welt Provintzen.
44. An den Abend-Stern.
Steh auf/ du Tag der Nacht/
steh auf mit deinen Flammen/
Steh auf/ und komme bald/ ich sehne
mich nach dir/
Steh auf und seume nicht/ die
Mutter scheint dir für/
Und ruft das göldne Heer auf
seiner Wacht zusammen.
Kom/ Ruhe-Freund/ komm an/ die
liechten Silber-Ammen
Beleuchten ihren Saal. Dianens
blasse Zier
Trägt schon den Schlaff-Trunck
auf. Vergolde dein Logir/
O Hesperus/ und komm/ mein
Hertzleid zu verdammen.
Der Sonnen-Rad entsinckt. Die
Wälder werden blau/
Die Nacht läst Oeta stehn/ und
streut den Abend-Thau
Mit ihrer braunen Hand auf die
beschmauchten Hütten.
Kom an/ O Stern! Du kömst. So
bring ihr diese Post/
Und sprich: Der Zephyrus hat
deines Liebsten Kost/
Der sol bey früher Zeit sie auf
dein Lager schütten.
45. An Pomonen/ in Ihrer
letzten Kranckheit.
Lauf/ lauf/ Pomone/ lauf/ mein
Lieb das röchelt noch.
Der Geist lebt noch in ihr.
Lauf/ mir sie zu erquicken.
Sprich wider Astrachan/ sie sol
ihr Tauben schicken.
Lauf hin in Spanien/ und brich
der Bäume Joch
Die Pomerantzen ab. Pomone
lauf/ lauf doch!
Ich steh ietzt an der Noth.
Mich will der Jammer drücken.
Ich sol mein liebes Lieb nicht
mehr/ wie vor/ anblicken.
Fleug meine Dienerin/ eh sie
das schwartze Loch
Der Erden in sich schlingt.
Hier hastu Citeronen.
Nim Datteln/ nim Canel/ nim
Pfirschken und Melonen/
Und gib sie Marnien/ der
liebsten Krancken/ ein.
Und wenn du das gethan/ so
fleug alsbald zurücke/
Und hole von mir ab viel
tausend Küß und Blicke.
Hilft denn der keines mehr/ muß
sie und ich tod seyn.
46. Als seine Marnia gestorben
O Brief / O Donnerwort/ mein
schönes Lieb ist hin!
Was mach ich nun mit mir? mit
mir/ ach! mit mir Armen?
Wer wird sich über mich
hinfort/ wie vor/ erbarmen?
Ich sterb/ ich sterbe mit/ daß
ich stets bei ihr bin!
Hier hastu/ Marnia/ hier hast
du meinen Sinn.
Hier hastu meinen Geist/ den
lieben/ den noch warmen.
Hier hastu meinen Muth. Hier
hast du Pein und Harmen /
Hier hastu mich/ dein Ganz/ du
Himmels Bürgerin!
Rauß/ Hertze/ rauß/ ihr nach!
Rauß! folge deiner Schönen!
Rauß/ Seele/ rauß/ empor! Such
ihre Lieblichkeit /
Fahr in Elysien/ und kürtz ihr
ihre zeit!
Diß einzig ist mein Trost/ diß
einzig ist mein Sehnen:
Lebstu nicht/ Marnia/ so lebstu
doch in mir
Und sterb ich nicht alsbald/ so
sterb ich doch in dir.
47. Er betrauret Sie.
Der Himmel ist mir schwartz.
Die Sonne scheint nicht mehr.
Mein Lieb/ das ist nun fort/
und stehet auf der Bahre/
So/ daß ich allgemach mit ihr
von hinnen fahre.
In meinem Hertzen wacht der
Sorgen gantzes Heer.
Der Lippen Purpur bleicht. Die
Zung ist Zucker-leer
Die Augen stehen starr. Das
Gold der frischen Jahre/
Die Rosen des Gesichts/ der
Fallstrick ihrer Haare
Macht mir mein Leben auch im
Tode noch zu schwer.
Die Galle meiner Lust/ die
Wehmuth meiner Freude/
Die Wahlstatt meines Thuns gibt
Feuer meinem Leide.
Sie/ und zugleich ihr Todt/ sie
machen traurig mich.
O Anfang meiner Pein/ O Ende
meines Lebens!
Du bist nun Finsternis/ nach
dir seh ich vergebens.
Kom/ schau mich auch/ ich bin
wie du/ mein gantzes Ich.
48. Über ihr Grab.
Hier lieget Marnia begraben gar
allein.
Doch auch alleine nicht/ weil
Venus leichter Knabe
Ihr zum Begräbnis noch den
Pfeil und Bogen gabe/
Den Köcher/ und was sonst stets
seine Waffen seyn.
Der Hals/ der rothe Mund/ der
Augen heller Schein/
Der Lippen süsse Gluth/ des
Hauptes Zier und Habe/
Das Purpur-braune Haar liegt
auch mit ihr zu Grabe/
Und ihre zarte Schos bedeckt
der Leichenstein.
Ziert/ Nymphen/ diese Gruft mit
den bethauten Rosen/
Bringt Amaranthen her/ und
Liljen/ eure Lust/
Setzt einen Myrtenstrauß auf
eure weiße Brust/
Und deckt den leichten Staub
mit Schönheit der Zeitlosen.
Schont keiner Blume nicht/ des
Lentzens beste Zier/
Die eine Blume war/ die lieget
nun alhier.
50. Er hält sein Versprechen.
Die Schuld die ist bezahlt.
Hier ist sie/ Marnia!
Was ich dir dort versprach/ das
hab ich nun gehalten.
Muß gleich dein schöner Leib in
seiner Gruft erkalten/
So stirbet doch dein Tod/ der
grimme/ hier und da.
Dein Leben lebet noch. Die
Nymphen auf der Rha/
Und wo du wirst gehört/ die
Werden/ gleich den Alten/
Umb deinen Lorberkrantz ein
schönes thun verwalten.
Der Erden bistu loß/ dem Himmel
kömst du nah.
Den Edlen von der Döß muß Ida
überleben.
Secund hat Julien/ Heins Rossen
groß gemacht.
Anger lobt Cöliens/ Lernutz
Hyellens Pracht/
Callirhoen Lotich/ Strotz
Antiens ergeben.
Bey diesen bistu auch. Du lebst
nun sonder Noth/
Ich nur bin gegen dir und
diesen mehr/ als todt.
51. Über seinen Eyd.
Dir/ meine Marnia/ dir schwur
ich einen Eyd
Auf deiner Asche dort und dort
auf deinen Beinen/
Ich wollte keine mehr/ als dich
alleine/ meynen.
Ietzt soll ich treuloß seyn/
ietzt findet sich der Streit.
Hier ist dein Ebenbild. Hier
geht mein neues Leid.
Der Mund/ das braune Har/ die
sehen gleich den deinen/
Kein Rosen-Blat kann sich so
mit einander einen/
Als ihre schöne Zucht und deine
Treflichkeit.
Was fang ich endlich an mit
ihr/ mit mir/ und dir?
Ich bin aufs neue wund. Sie
gönnt mir ihre Blicke.
Dich nur/ nur einzig dich/ dich
halt ich nicht zurücke.
Diß ist die neue Pein/ die mich
selbst raubet mir.
Sey ruhig/ Marnia/ laß sich den
Eyfer füllen.
Ich liebe sie/ und diß/ vorwar/
umb deinet willen.
52. An die verstorbene Marnia/
wegen Seiner neuen Liebe.
Sie ist mir hertzlich lieb/ ich
muß es dir gestehen/
Bild meiner ersten Gluth/ sie
ist mir hertzlich lieb.
Laß es nur darumb sey/ mein
einzig Angetrieb/
Hoff nur auf deine Gunst und
auf ihr Wohlergehen.
Leander der bin ich. Du bist
der Sturm der Seen/
Kalt/ neidisch/ und mein Feind.
Und sie/ sie ist ein Dieb.
Bin ich von ihr geraubt/ so
darf der Hoffnung Sieb/
Nechst andern/ das mich stützt/
mir nicht das Liecht verdrehen.
Von dir/ O Marnia/ und ihr/ da
laß ich nicht.
Leib/ Ehre/ Gut und Blut hab
ich dir zugeschworen.
Zieh keinen Groll auf mich.
Wirstu nur neu geboren
In deiner Freundlichkeit/ so
halt ich meine Pflicht.
Meist bistu schuld daran. Ich
bleibe voller Treue/
Senck dich nur her in sie/ so
lieb ich dich auffs neue.
53. Er hat Vergünstigung.
Sie war und war es nicht. Noch
denn kam sie mir für/
Die todte Marnia/ mit frölichen
Geberden.
Geh/ sprach sie/ mein Poet/ du magst
verliebet werden.
Geh/ mein gewesner Schatz/ geh/
ich vergönn es dir.
Sie/ die dir wohlgefällt/ ist
ähnlich meiner Zier/
So sich ietzund durch dich noch
zeigt der kalten Erden.
Geh/ nim mein Bildnis an/ wo
mein und deine Heerden
Im Grünen dort sich sat
geweidet neben mir.
Wir beyde geben dir den Krantz
der Ewigkeiten/
Ich an dem Elbenstrom/ sie umb
den Elsterstrand.
Fang an/ und stim auf sie die
übergöldten Saiten,
Ich bleibe nun durch dich/ wie
sie durch mich bekannt.
Wol uns! Wir sterben nicht. Das
Reichthum der Poeten
Kan unsern letzten Todt auch in
dem Tode tödten.
54. An sich selbst.
Du/ warumb bistu blaß? Das Blut
entgehet mir/
Und nimt die Zuflucht hin zu
meinem krancken Hertzen.
Warumb verlescht dein Licht?
Ich fühle tausend Schmertzen.
Warumb denn weinestu? Die
Thränen sollen hier
Der Liebe Gluth und Brunst
ertödten für und für/
Denn meine Flamme brennt in
ihren vollen Kertzen.
Was hilfft das seufftzen dich?
Die Hitze zu verschertzen/
Und mit gekühlter Luft
zudämpfen die Begier.
Warumb bistu allein? Ich fühl
allein das Band.
Wer mir nicht glauben will/ der
fang nur an und liebe.
Kreischt dich das Feuer nun so
bleich/ so matt und trübe/
Warumb denn wirstu nicht zu
Staub und Asch verbrant?
Ihr Eiß/ ihr kalter Sinn/ ihr
Eiß/ ihr kaltes Wesen/
Das hindert meine Gluth/ daß
sie nicht kann genesen.
55. An seine neue Buhlschafft.
Sie/ meine Marnia/ kam an das
todte Meer/
Der Charon sollte sie mit
andern überführen.
Du/ Schöne/ wer du bist/ rief
er/ hier gilt kein zieren /
Leg deine Schönheit ab/ und
dann kom wieder her.
Sie that/ was er befahl. Was
ich nicht begehr/
Sprach sie/ das nim nur hin!
Hier liegt des Hertzens rühren/
Hier liegt der Wangen blut/
hier liegt der Pracht duplieren[1]/
Hier liegt mein gantzer Leib/
ja hier/ hier lieget er!
Mercur/ der sah ihr zu/ und
sprach: soll denn dein lachen/
Der Mund/ der Hals/ diß Haar so
gar verdorben sein?
Nein/ Edle Marnia/ nein/ Edle
Nypmhe/ nein /
Sie sollen deinen Schatz noch
oftermals anlachen!
Drauf hub er alles auf / und bracht
es/ Nymphe/ dir.
Nun lieb ich dupelt dich/ von
wegen dein und ihr.
56. An das Rosenthal.
Du bistes/ Rosenthal/ das mich
so traurig sah
Umb seine Wiesen her mit rothen
Augen gehen.
Du bist es du/ nur du/ du
scheinst mir beyzustehen/
Als ich betrauerte die liebe
Marnia.
Nun mach dich wieder auf. An
deinen Strömen da/
Da geht ein schönes Kind/ das
läst sich dich bewehen.
Den blauen Najaden/ den
lispelnden Napeen
Kömt sie mit ihrer Zier auch
gar/ auch gar zunah.
Und diß ist meine Glut. Hilf/
hilf vor dieses mal/
Du Spielhaus der Natur/ und gib
sie mir zu eigen/
Ich will mich gegen dir recht
danckbarlich erzeigen/
Hilf/ weil du helffen kanst/ du
werthes Rosenthal.
Wie aber/ fragstu mich umb sie
und ihre Sitten?
Sie ist bey jenes Laub
lebhaftig eingeschnitten.
57. An eine Linde.
Hier wo das klare Gold umb
deine Wurtzeln quillt/
Und iederman dich ehrt/ als
Königin der Linden/
Hier wo man einen Strauß von
Rosen pflegt zu binden/
Und der Christallenstrom hier
durch die Felder trillt/
Da hier/ hier nim mein Buch/
des Himmels Ebenbild/
Die Schwester Marniens/ den
Lob-Spruch unsrer Pinden/
Das Kind der Najaden/ umb das
wir Kräntze winden.
Der Faunen Lieb und Brunst sey
deines Endes Schild.
Ich gehe nun von hier/ befreyt
von allen Sorgen.
Kömt aber etwan sie/ als wie
sie pflegt/ zu Morgen/
Umb das das braune Haar vom
Thauen sey benetzt/
So gieb ihr ihren Glantz/ rein/
ewig und beflügelt/
Und sprich/ hier steh ihr Ruhm/
als wie er sol/ bespiegelt.
Indessen bleibe du stets grün
und unverletzt.
58. Über dieses Buch/ an seine
Holdselige.
Das Buch der Marnien/ das
schlechtste von den meinen/
Das dich berühmet macht/ mein
Lieb/ das geb ich dir.
Nim es mit Freuden hin/ es muß
sich ihre Zier
Mit deiner Göttlichkeit und
deiner Zucht vereinen.
Eh wolt ich auf der Welt mein
Leben gar verneinen/
Eh ich dein hohes Lob/ den
Blitz umb diß Refier/
Den schönen Silberstern
verschweigen wolt alhier/
Was aber schenkstu/ Lieb/ mir
wieder von den deinen?
Ein Kuß/ ein süsser Kuß/ ach
der verrichtet viel.
Der ist mein eintzger Zweck/
der ist mein eintzges Ziel/
Und schenckestu mir den? So ist
es schon erstattet.
Jetzt ließ nun deinen Preiß/
der dich so schön umbschattet/
Was hier geschrieben steht/ das
kömt dir alles nah/
Nur dass du nicht todt bist/
sonst bistu Marnia.
59. An Seinen Leser.
Hier nim auch du mein Buch/ du
scharff gesinnter Leser/
Und liß es/ wie du willst. Ich
bin kein Opitz nicht/
Der Gold ist/ und Gold schreibt.
Was Fleming
hat gedicht/
Was Buchner/ Brehm und Dach/ was Tscherning umb die Gräser
Der Rosenstöcke spielt/ das hat
begrünte Fäser/
Dass es aufwachen kann biß an
der Sonnen Licht.
Gibt mir die Elbe nur ein
ewiges Gerücht/
Als wie sie thut/ so frag ich
gar nichts nach der Weser.
Wer gar zuweit auskömt/ der hat
der Richter viel.
Ein ieder leyert ihm selbselbst
ein eigen Spiel/
Und dahin sol mein Vers sich
allezeit auch schicken.
Nein/ Leser/ gäntzlich nicht.
Ich tödte meine Zeit/
Die mir zulang will sey/ mit
solcher Frölichkeit.
Wer hier nicht reiten will/ der
gehe nur auf Krücken.
60. An des Neides Feindschafft.
Mund ist es dennoch wahr/ was
mir mein Hertze saget/
Du überdürrer Neid? so wage
dich an mich!
An mich und marnien/ und die/
die ewiglich
Wird an dem Himmel stehn/ wenn
die Aurora taget.
Kom her/ kom/ ich bin hier. Was
dich wol etwa plaget
Umb die und diß und das/ das
gibt mir keinen Stich/
Sie/ meiner Liebe Lust/ Sie
mein erfreutes Ich/
Sie ists/ die meinen Mund/ und
nicht den deinen naget.
Lach/ weil du lachen kanst/
dann wein auch etwas drein/
Denn du kanst ohne diß dir
selbst nicht pflichtig seyn/
Lach/ weil du lachen kanst/ Ich
laß dir dein behagen.
Sie/ die mir gänthlich nicht/
nur dir ist unbekant/
Die reitzet allererst die Feder
meiner Hand/
Ich lob sie künfftig mehr/ nur
deinen Trutz zu wagen.
(thematisch
dazugehörig, aber nicht im Zyklus abgedruckt: wohl aus der Neukirchschen
Sammlung „Herrn Hofmannswaldaus und anderer Deutsche ungedruckte Gedichte 1795
ff.: dort wurde – durch Lese- oder Druckfehler ? - Marnia zu Barnia)